Verkehrsrecht
Nutzungsausfallentschädigung ohne Ersatzbeschaffung bzw. Reparatur des beschädigten Fahrzeuges?
Alternativ zu einem kostenpflichtigen Mietwagen kann der Unfallgeschädigte nach einem Verkehrsunfall auch eine sog. Nutzungsausfallentschädigung von der gegnerischen Versicherung fordern, d.h. eine Entschädigung dafür, dass er unfallbedingt für eine bestimmte Zeit ohne Fahrzeug war, obwohl er in dieser Zeit ein Fahrzeug hätte nutzen können und insoweit auch Nutzungswillen besaß.
Die Höhe der kalendertäglich zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung bemisst sich danach, in welche Fa ...
„Rechts vor links“ auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung?
Basierend auf BGH, Urteil vom 22.11.2022, Az. VI ZR 344/21
Unsere Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), genauer gesagt § 8 Abs. 1 S. 1 StVO, beinhaltet den Grundsatz, dass an Kreuzungen und Einmündungen derjenige Vorfahrt hat, der von rechts kommt („rechts vor links“), wenn die Vorfahrt nicht durch entsprechende Verkehrszeichen besonders geregelt ist.
Nicht selten kommt es auf öffentlich zugänglichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung zu Zusammenstößen zwischen zwei, a ...
Auffahren auf „abgewürgtes“ Fahrschulfahrzeug. Wer haftet ?
Dazu hat das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth am 04.05.2023 entschieden.
An der Auffahrt zur B14 musste der Fahrer des klägerischen Fahrschulfahrzeugs VW Golf VII zunächst verkehrsbedingt an dem dortigen Stoppschild anhalten. Als das Fahrschulfahrzeug erneut anfuhr, „würgte“ der Fahrschüler den Motor ab. Daraufhin fuhr der Beklagte mit dem Betonmischer Lkw MAN auf das Fahrschulauto auf.
Beweis des ersten Anscheins gegen den Auffahrenden
Der Fahrer des Beklagten- ...
Erstattungsfähigkeit von Standkosten nach einem Verkehrsunfall - Was ist zu beachten?
Ist ein beschädigtes Fahrzeug nach dem Verkehrsunfall nicht mehr fahrfähig bzw. nicht mehr verkehrssicher, wird es regelmäßig abgeschleppt und zunächst auf dem Betriebsgelände des Abschleppunternehmers oder der Werkstatt, welche (gegebenenfalls) auch die Reparatur durchführen soll, abgestellt und verwahrt. Hierfür fallen in aller Regel kalendertäglich Standkosten an, d.h. so lange, wie das beschädigte Fahrzeug dort steht, kostet das den Unfallgeschädigten Geld.
Diese Standkosten st ...
Totalschaden bei einem finanzierten Fahrzeug – Welche Besonderheiten sind zu beachten?
Die zivilrechtliche Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall gestaltet sich meist etwas aufwendiger (wenn auch bei richtiger und geordneter Herangehensweise nicht gleich komplizierter), wenn der Unfallgeschädigte aufgrund des Verkehrsunfalles einen Totalschaden an seinem Fahrzeug erlitten hat, für welches jedoch noch eine Fahrzeugfinanzierung läuft.
Aufgrund der noch laufenden Fahrzeugfinanzierung gibt es also neben dem Unfallgeschädigten, dem Unfallschädiger und dessen Kfz-Haftpflic ...
Überholen einer Fahrzeugkolonne und Zusammenstoß mit einem aus der Kolonne ausscherenden Fahrzeug
basierend auf OLG Celle, Urteil vom 08.06.2022, Az. 14 U 118/21
Es ist zunächst einmal nicht zu beanstanden, wenn sich ein Fahrzeugführer dazu entschließt, eine längere Fahrzeugkolonne bei klarer Verkehrslage (bspw. bei gerader Strecke und keinen Anzeichen, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug aus der Kolonne ebenfalls nach links ausscheren könnte) zu überholen. Allenfalls erhöht sich dadurch erst einmal nur die Betriebsgefahr des Überholenden, die sich der Überholende im Falle eine Unf ...
Verwaltungsgericht Koblenz: Führerscheinentzug auch ohne vorherige Punkte-Warnung möglich.
Der Entzug der Fahrerlaubnis kann auch ohne vorherige Verwarnung wegen erreichter Strafpunkte in Flensburg erfolgen, bestätigt das Verwaltungsgericht Koblenz unter dem Aktenzeichen 4 L 577/23.KO.
Sachverhalt
Ein Fahrzeugführer hat durch wiederholte Verkehrszuwiderhandlungen Punkte im Flensburger Register gesammelt.
Als durch einen zusätzlichen Verstoß acht Punkte erreicht wurden, war ihm die für sechs Punkte vorgesehene schriftliche Verwarnung noch nicht zugestellt. Dieser versucht ...
Wirtschaftlicher Totalschaden – Ersatzbeschaffung oder Reparatur?
Ihr Fahrzeug hat einen sog. wirtschaftlichen Totalschaden erlitten, wenn die unfallbedingten Reparaturkosten höher sind als der sog. Wiederbeschaffungsaufwand.
Der Wiederbeschaffungsaufwand ist die Differenz zwischen dem sog. Wiederbeschaffungswert, also dem Preis für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, und dem Restwert, den das totalbeschädigte Fahrzeug noch hat (also der Preis, für den Sie Ihr totalbeschädigtes Fahrzeug noch auf dem Markt, bspw. über eine Restwertbörse, verkaufen kön ...
E-Scooter und Cannabis: Ein riskantes Duett mit schweren Konsequenzen
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass das Fahren eines E-Scooters unter Cannabiseinfluss den Entzug des Führerscheins rechtfertigen kann, wenn der Betroffene das erforderliche MPU-Gutachten nicht vorlegt (Az.: VG 11 L 184/23).
E-Scooter-Fahrt unter Cannabiseinfluss
Ein Mann wurde im Juli 2022 von der Polizei gestoppt, da er mit einem E-Scooter unsicher und nahe an parkenden Fahrzeugen fuhr.
Ein THC-Nachweis in seinem Blut zeigte seinen Cannabis-Konsum an. Er gab zudem an, ...
Was steht mir nach einem Verkehrsunfall bei einem Schaden an meinem Fahrzeug zu?
Grundsätzlich gilt:
Alle unfreiwilligen Vermögenseinbußen, die Sie aufgrund des Unfalls erleiden und die Ihnen nicht entstanden wären, wenn Sie den Unfall nicht erlitten hätten, stellen dem Grunde nach erstattungsfähige und von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung zu ersetzende Schadenspositionen dar.
Dabei kommt es darauf an, ob es sich bei dem Sachschaden um einen (wirtschaftlichen) Totalschaden oder einen reparaturwürdigen Schaden (Reparaturschaden) handelt.
Typische ...
Wer auffährt, ist immer schuld. Stimmt das?
Bei einem Auffahrunfall kollidiert ein fahrendes Fahrzeug mit einem vor ihm fahrenden oder stehenden Fahrzeug. In der Regel kollidiert die Front des auffahrenden Fahrzeuges mit dem Heck des vor ihm befindlichen (stehenden oder fahrenden) Fahrzeuges.
In diesem Fall gilt der sog. Anscheinsbeweis (auch Beweis des ersten Anscheins genannt) dahingehend, dass derjenige, der aufgefahren ist, auch schuld an den Auffahrunfall ist. Es wird also zunächst vermutet, dass der Fahrer des auffahrenden Fahrz ...
BVerfG gibt grünes Licht: Laser-Blitzer bleiben im Einsatz!
Im Streit um die umstrittenen Laser-Blitzer, hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerden dreier Autofahrer zurückgewiesen. Laut Beschlüssen vom 14. Juli 2023 (Az.: 2 BvR 1167/20) besteht keine Verletzung der gerichtlichen Waffengleichheit.
Moderne Laser-Geschwindigkeitsmessgeräte in der Diskussion
Neuartige Laser-Geschwindigkeitsmessgeräte, welche mittels kontinuierlich ausgesendeten infraroten Laserimpulsen die Fahrzeuggeschwindigkeit ermitteln, geraten in den Fokus. Sie speicher ...
Rasen, Flüchten, Zahlen? Flüchtige Autofahrer haften für Polizeiwagen-Schäden!
Das Landgericht Frankenthal hat in einem nicht rechtskräftigen Urteil (Az.: 1 O 50/22) entschieden, dass ein Autofahrer, der sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei liefert, für dabei entstandene Schäden am Polizeifahrzeug haften muss. Dies gilt, sofern die Fahrweise der Polizei nicht vollkommen unangebracht war und keine übermäßige Gefahr für die Beamten darstellte.
Rasante Flucht endet mit Polizeiwagen-Unfall
In dem betreffenden Fall floh ein Autofahrer aus Haßloch vor einer Ve ...
VGH Bayern bestätigt: Kein Fahrverbot für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge trotz Alkohol- und Drogenfahrten
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschied in einem Fall (Az.: 11 BV 22.1234), dass die Fahrerlaubnisbehörde das Fahren von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen wie E-Scootern und Fahrrädern nicht verbieten kann, selbst bei wiederholten Fahrten unter Alkohol- oder Drogenbeeinfluss. Die rechtliche Grundlage dafür fehlt.
Behörde untersagte Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge
Der Kläger aus dem Raum Kaufbeuren verlor seine Fahrerlaubnis infolge einer Alkoholfahrt. Eine von der Beh ...
OVG Münster legt fest: Keine Fahrtenbuchauflage bei möglicher Fahrerermittlung
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat entschieden , dass eine Fahrtenbuchauflage für ein Fahrzeug häufig nicht gerechtfertigt ist, wenn der Halter zu einem Geschwindigkeitsverstoß, bei dem ein naher Angehöriger am Steuer erkannt wurde, keine Angaben macht (Az.: 8 A 2361/22). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Straßenverkehrsbehörde erfolgsversprechende Möglichkeiten zur Identifikation des Fahrers hatte.
Kfz-Halterin sollte Fahrtenbuch führen
Die Klägerin, ein ...
Betrunken auf dem E-Scooter: Warum dies Ihren Führerschein kosten könnte
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil festgestellt, dass das Führen eines E-Scooters in alkoholisiertem Zustand (mit über 1,6 Promille) in der Regel zum Führerscheinentzug führt. Ausnahmen sind selten (Az.: 1 Ss 276/22).
E-Rollerfahrer hatte 1,64 Promille
Im Frühjahr 2022 entschied sich der Angeklagte, nach dem Genuss von Wodka-Soda und Bier in einer Frankfurter Bar, mit einem E-Scooter nach Hause zu fahren. Diese Wahl erwies sich als fatal.
Bei einer Verkehrs ...
Neues BGH-Urteil: Wie ein Fußgänger den Vertrauensgrundsatz im Straßenverkehr ins Wanken bringt
Der Bundesgerichtshof (BGH), Karlsruhe, legt im Urteil vom 4. April 2023 (Az.: VI ZR 11/21) den "Vertrauensgrundsatz" im Straßenverkehr weiter aus.
Ein nächtlicher Unfall – die Ereigniskette
Die Ursache des Rechtsstreits war ein Vorfall auf einer vierspurigen Brücke in Berlin gegen 23 Uhr eines Samstagabends.
Während ein Autofahrer die Brücke überquerte, entschied sich ein Passant von seiner linken Seite die 12,5 Meter breite Fahrbahn, einschließlich Fahrradwegen, zu durchquere ...
Erzwungener Fahrspurwechsel durch Gelenkbus
Dazu hat das Amtsgericht München (AG) München am 13.01.2023 entschieden.
Der Gelenkbus des Beklagten befuhr die rechte Fahrspur, wobei er aufgrund einer Verjüngung der Fahrspuren mit 20 % der Breite des Busses auf die linke Fahrspur wechselte und so weiter fahren wollte. Der Kläger befuhr mit seinem Fahrzeug die linke Fahrspur. Es kam zur Kollision mit der linken Busseite und es entstand ein Schaden.
Das AG entschied, dass der Bus den Spurwechsel nicht hätte erzwingen dürfen.
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Kind am Steuer, Mutter vor Gericht: Die bitteren Folgen vernachlässigter Aufsichtspflicht
Im Falle einer Aufsichtspflichtverletzung hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden, dass Eltern haften müssen, wenn ihr Kleinkind unbeaufsichtigt ein Auto startet und dadurch einen Unfall verursacht (Aktenzeichen: 14 U 212/22).
Unfallverursachung durch Zweijährigen
Die Mutter hatte ihren zweieinhalbjährigen Sohn nach einer Familienfeier in Osnabrück auf den Beifahrersitz des Autos gesetzt, jedoch ohne ihn anzuschnallen. Sie verließ kurz das Fahrzeug, während der Autoschlüssel ...
Gilt „Handyverbot“ für Diagnosegerät Kfz - Werkstatt ?
Dazu hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) am 28.03.2023 entschieden
Der Betroffene hat – im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Kfz-Mechaniker - als Führer eines Kundenfahrzeuges am 2. Dezember 2021 gegen 12:22 Uhr die Straße befahren. An dem Fahrzeug war ein Diagnosegerät angeschlossen gewesen, welches via Bluetooth mit einem mobilen Auslesegerät verbunden gewesen war. Dieses, äußerlich einem Smartphone ähnelnde und auch über einen Touch-Bildschirm verfügen ...